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18. September 2023
Geht es um die Langlebigkeit von Gebäudehüllen aus Holz, sind alle in der Pflicht: Planung, Bauherrschaft und ausführende Unternehmen. Doch jede Fassade stellt wieder andere Anforderungen. Deshalb brauchen Maler und Malerinnen viel Wissen sowie Können, wenn sie in Pflege und Renovation von Holzfassaden erfolgreich sein wollen.
Holzfassaden sind voll im Trend. Es gibt sie in ungezählten Varianten. Damit Holzfassaden ihre Funktion erfüllen, braucht es aber regelmässige Kontrolle und Pflege.
Bei neuen Holzfassaden sind der Architekt und das Holzbauunternehmen gefordert. Sie erstellen die nötigen Unterlagen für die nachfolgenden Pflichten und Aufgaben des Eigentümers. Alle Informationen sind in einem «Fassadenpass» zusammengefasst. Dieser ist eine umfangreiche Dokumentation aller wichtigen Informationen zur vorliegenden Holzfassade. Diese Unterlagen sollte der Malerunternehmer oder die Malerunternehmerin für Instandsetzungsmassnahmen nutzen können.
Führt ein Malerunternehmen zum Beispiel eine Fassadenrenovation aus, so muss es seiner Kundschaft eine Instandhaltungsanleitung abgeben. Es schützt sich so vor ungerechtfertigten Mängelrügen, denn Holzfassaden mit Oberflächenbehandlungen können aus technischen Gründen innerhalb der 5-jährigen Verjährungsfrist Veränderungen aufweisen, die möglicherweise Streitigkeiten auslösen.
Idealerweise kann das Malerunternehmen mit der Eigentümerin der Liegenschaft einen Servicevertrag abschliessen. Durch regelmässige Kontrollen lassen sich auftretende Mängel rechtzeitig erkennen und rasch beheben. In der Regel ist dieser Unterhalt kostengünstiger als eine Renovation nach langer Zeit.
Der SMGV bietet seit 2007 ein bewährtes, aber leider immer noch zu wenig eingesetztes Hilfsmittel an. Die Instandhaltungsanleitung «Beschichtungen auf Holz und Holzwerkstoffen im Aussenbereich» ermöglicht, wenn sie denn angewendet wird, ein sach- und fachgerechtes Vorgehen.
Mit den Informationen der Instandhaltungsanleitung lässt sich für praktisch jede Holzfassade ebenfalls ein individueller «Fassadenpass» erstellen. Er gibt Auskunft über Holzart, Bearbeitung, Profil sowie Oberflächenmaterialien und insbesondere auch darüber, welche Beschichtungsstoffe auf die Schalung in welchen Mengen aufgetragen worden sind. Im «Fassadenpass» wird unter Zuhilfenahme der Instandhaltungsanleitung der Belastungsindex für die jeweiligen Parameter der Holzfassade dokumentiert und kommentiert. Jeder einzelne dieser Parameter hat Einfluss auf die Dauerhaftigkeit und Leistungsfähigkeit einer Holzfassade. Je höher die Belastung durch Sonne, Wind und Wetter, desto höher der Beanspruchungsindex.
Dieser weist auf die durchschnittliche Nutzungsdauer einer beschichteten Holzfassade ohne Pflege hin. Daraus resultieren die erforderlichen Pflege- und Kontrollintervalle, die an dieser Fassade erbracht werden müssen, um die Langlebigkeit zu gewährleisten. Bei deckenden farbigen Behandlungen sollte auch auf die Farbtonbeständigkeit nach BFS-Merkblatt Nr. 26 eingegangen werden.
Der «Fassadenpass» sollte dem Hausbesitzer vorliegen, falls nicht, muss er beschafft werden!
Spricht man mit Fachleuten, so hört man häufig: «Früher wurden die Holzfassaden erst nach Jahrzehnten renoviert. Heute sind die Intervalle viel kürzer.» Woran liegt das? Die Antwort auf diese Frage: Die moderne Architektur verzichtet häufig auf die bewährten Regeln des konstruktiven Holzschutzes. Holzfassaden werden dadurch extremeren Klimabedingungen ausgesetzt.
Bauherrschaften haben zudem häufig unrealistische Erwartungshaltungen bezüglich der Haltbarkeit ihrer Holzfassade. Die Aufklärung darüber seitens Architektin und Handwerksbetrieb muss deshalb konsequenter als üblich erfolgen. Denn welcher Hausbesitzer kennt schon die Unterschiede zwischen Behandlung, Beschichtung und Vorvergrauung der Fassade?
Ausserdem führt der nötige Kosten- und Zeitaufwand für eine Renovation dazu, dass viele Eigentümerinnen und Eigentümer die notwendigen Kontroll- und Pflegemassnahmen viel zu lange hinauszögern. Malerunternehmen können wertvolle Aufklärungsarbeit leisten, denn eines ist klar: Nur gut unterhaltene Immobilien behalten ihren Wert.
Handwerkliche Leistungen sind ein wichtiger Bestandteil des Gebäudeunterhalts. Malerinnen und Maler tragen damit zur Werterhaltung und -steigerung des Gebäudes bei. Werden hingegen die nötigen Massnahmen nicht oder nur unzureichend durchgeführt, so entstehen im Laufe der Jahre erhebliche Folgekosten. Regelmässige, qualitativ hochstehende Malerarbeiten pflegen und schützen Holzfassaden hingegen nachhaltig.
Das Potenzial für engagierte Malerbetriebe ist sehr gross und es besteht ein Wachstumsmarkt, da der Marktanteil der Holzfassade weiter zunimmt. Diese ist komplexer in Material, Konstruktion, Oberfläche und Oberflächenbehandlung als andere Gebäudehüllen. Maler sollen sich daher intensiv mit diesem Thema beschäftigen, um nachhaltige Leistungen zu erbringen. Zahlreiche Fachinformationen, Regelwerke und ein neuer Ratgeber (siehe Seite 57) unterstützen sie dabei.
Die Autoren dieses Artikels haben sich in den letzten Jahrzehnten intensiv mit Pflege, Unterhalt und Renovation von Holzfassaden beschäftigt. Jedes begleitete Objekt, aber auch jede Reklamation seitens der Kundschaft bietet Chancen, das Thema Holzfassaden noch besser zu verstehen und aufzubereiten. In der «Applica» sind bereits mehrere Fachartikel zum Thema erschienen: «Holzfassaden richtig schützen und pflegen» (Ausgabe 08/2005), «Holzfassaden richtig pflegen und renovieren» (09/2014) und «Fassadenplatten aus Holzwerkstoffen sanieren» (06/2019). Dies verdeutlicht die Wichtigkeit dieser Thematik.
Doch warum ist das Thema Renovation von Holzfassaden trotzdem noch nicht abschliessend abgehandelt? Die Gründe dafür sind vielfältig. Was den Autoren aber immer wieder auffällt: Viele Eigentümer und Eigentümerinnen haben nach wie vor unrealistische Erwartungen und kennen oder befolgen ihre Pflichten nicht. Der erwähnte und seit Langem bekannte «Fassadenpass» wird kaum genutzt, was den Malerbetrieben bei Unterhalts- und Renovationsarbeiten häufig das sach- und fachgerechte Vorgehen erschwert.
Hier besteht akuter Nachholbedarf. Grundsätzlich sollte keine Holzfassade ohne die dazugehörige Instandhaltungsanleitung beziehungsweise den «Fassadenpass» abgenommen werden. Korrekt vorgehende Malerbetriebe fragen ihre Kunden vor Beginn der Arbeiten nach diesen Unterlagen. Es versteht sich von selbst, dass solche Unternehmen nach erfolgter Arbeit die Instandhaltungsanleitung aktualisiert an den Kunden weiterleiten.
Was beim Service des Autos in der Garage funktioniert, eine regelmässige Kontrolle und Wartung, muss auch im Malerhandwerk möglich sein. Noch ist es nicht so weit. Zahlreiche Reklamationen wegen renovierter Fassaden zeigen auf, dass sich Malerunternehmen intensiver mit dieser Thematik beschäftigen müssen.
Den kompletten Artikel finden Sie in der aktuellen Applica.
Text: Werner Glatthard und Wolfram Selter
Bilder: Bosshard-Farben AG
Neue Beschichtungskonzepte
Die Architektur der letzten Jahrzehnte hat auch zu Holzkonstruktionen geführt, die traditionelle Herausforderungen an Beschichtungsstoffe teilweise infrage stellen, beziehungsweise nach neuen Beschichtungskonzepten verlangen. Der österreichische Sachverständige (Fachexperte) Michael Hladik hat den Begriff der KKU-Architektur (kubisch, kantig und ungeschützt) geprägt. Der Wettbewerb der verschiedenen Fassadenbaustoffe hat dazu beigetragen, dass die Erwartungshaltung an moderne Holzfassaden kontinuierlich erhöht wurde. Gleichzeitig hat der Kostendruck zu Ausführungsvarianten bei Fassadenschalungen geführt, welche die Leistungsgrenzen der Beschichtungsstoffe überschreiten können. Wenn dann noch die zwingend notwendigen Kontroll- und Unterhaltsmassnahmen nicht eingehalten werden, kann es zu Beanstandungen kommen.
Produktvielfalt
Kaum eine im Holzfassadenbau tätige Fachperson kann das heutige Angebot an Behandlungen und Beschichtungssystemen überblicken. Beschichtungen können zahlreichen Klassierungssystemen zugeordnet werden. Manche/r bevorzugt die Einteilung nach Bindemittelklassen, andere wählen nach der Pigmentierung oder der Filmbildung aus. Dann gibt es Hydrophobierungen, Imprägnierungen, physikalisch oder chemisch wirksame Vorvergrauungen, Beizen und Holzsättiger. Es bestehen zahlreiche Kombinationsmöglichkeiten von Einschichtsystemen bis hin zu Mehrschichtsystemen. Eine qualitativ noch so gute Oberflächenbehandlung kann Mängel bei Material, Konstruktion und Montage jedoch nicht ausgleichen. Es gilt auch, die Nachhaltigkeit des Beschichtungssystems zu berücksichtigen. Fragen über den späteren Unterhalt und die Renovation des Systems müssen beantwortet werden können. Eine fast unüberschaubare Produktvielfalt erschwert dabei zusätzlich die optimale Auswahl für alle Beteiligten.