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Applica aktuell

19. Juli 2021

Führung im ­digitalen Zeitalter – eine  praktische Anleitung

Die Coronakrise hat viele KMU zur verstärkten Digitalisierung gezwungen. Plötzlich galt es in vielen Unternehmen, das Personal auch aus der Ferne zu führen. Doch wie gelingt digitale Führung auf Distanz im Maler- und im Gipsergewerbe und welche Führungs- und Kommunikationsinstrumente sind empfehlens­wert?

Das Verständnis von Führung hat sich in den vergangenen Jahrzehnten stark verändert – auch in der Baubranche. Zwar finden sich in Bauunternehmen immer noch Vorgesetzte, die im Befehlston anordnen, welche Tätigkeit welcher Mitarbeiter zu erledigen hat.

Es ist nach wie vor üblich, dass der Kunde seinen Auftrag beim Unternehmer platziert und der Chef diesen in Form von Anweisungen an die Mitarbeitenden weitergibt. Doch autoritäre Patriarchen sind in Zeiten des Fachkräftemangels und von Arbeitgeber-Bewertungsplattformen wie Kununu oder Glassdoor ein Auslaufmodell. Aufgrund der zunehmenden Digitalisierung findet besonders bei der Generation Y – auch Digital Natives genannt – eine Veränderung des Arbeitsverständnisses statt.

Zur Generation Y gehören Frauen und Männer, die zwischen 1980 und 1995 geboren worden sind. Sie sind bestens vertraut mit Internet, Smartphones sowie Social Media und sind es gewohnt, Informationen rasch zu erhalten, zu verarbeiten und weiterzugeben.

«Seit Ausbruch der Corona­krise kommunizieren wir noch intensiver als früher über WhatsApp oder mithilf­e des Chat-Diensts Facetime», sagt Maler- und Gipser­unternehmer Remo Quirici. Dabei gehe es meist um die konkrete Problemlösung.
«Seit Ausbruch der Corona­krise kommunizieren wir noch intensiver als früher über WhatsApp oder mithilf­e des Chat-Diensts Facetime», sagt Maler- und Gipser­unternehmer Remo Quirici. Dabei gehe es meist um die konkrete Problemlösung.

Digital Natives fordern neue Art

Die Generation Y will mitgestalten und Verantwortung übernehmen. Charakteristisch ist ihre Flexibilität, von überall her arbeiten zu können. Ihre Loyalität ist weniger auf den Arbeitgeber, sondern ­vielmehr auf spannende Aufgaben und Projekte ausgerichtet. Führung bedeutet im digitalen Zeitalter daher nicht mehr, nur Anweisungen zu geben und deren Erfüllung zu überwachen. Die wesentlichen Herausforderungen für moderne Führungskräfte bestehen ­darin, Mitarbeitende mit einem eher partizipativen oder kooperativen Stil digital und persönlich zu führen und mit ihnen off- und online auf «Augenhöhe» zu kommunizieren.

Nicht alles auf der Baustelle

Selbstverständlich kann man ­einen Handwerksbetrieb nicht mit einem Dienstleister zum Beispiel aus dem Treuhand- oder Immobilienbereich vergleichen. Die Maler und Gipser-Trockenbauer erbringen ihre Dienstleistungen vor Ort beim Kunden. Doch der Rest, die Administration, können die Mitarbeitenden auch von zu Hause aus oder unterwegs im ­öffentlichen Verkehr erledigen.

Willms Buhse, deutscher Experte für digitale Führung und Transformation, hat das sogenannte Vopa+-Modell als Leitbild für Führungskräfte im digitalen Zeitalter entwickelt. Es soll Führungskräften dabei helfen, Mitarbeitende aus der Ferne zu führen sowie eine Kultur zu schaffen, welche die Leistung steigert und Innovations­prozesse ermöglicht.

Vopa+ steht für Vernetzung, Offenheit, Partizipation, Agilität und als Plus steht Vertrauen, wobei die Vertrauenskultur im Zentrum steht. Eine solche in Unternehmen zu schaffen heisst, Vertrauen in die fachlichen und sozialen Fähigkeiten der Mitarbeitenden zu haben und ihnen die Möglichkeit zur Selbststeuerung und -verantwortung zu ­geben. Offenheit bedeutet, den Wissens­austausch zu fördern und Informationen allgemein zugänglich zu machen. Partizipation heisst, kollektives Wissen anhand von konstruktiven, motivierenden und hierarchiefreien Formen des Austausches unter Einbezug möglichst vieler Personen zu nutzen – sei es in Form von Präsenzworkshops oder virtuellen Workshops. Das wesentliche Merkmal von Agilität ist es, sich schnell an ein sich permanent änderndes Umfeld anpassen zu können und aus den gemachten Erfahrungen zu lernen. 

Handwerker keine Digitalexperten

Bei der Ehrat AG in Dietikon ZH hat die Coronakrise für einen Digitalisierungsschub gesorgt. Remo Quirici ist Geschäftsleiter und Teilhaber des Gipser- und Maler-Betriebs mit rund 40 Mitarbeitenden. Der Malermeister sagt: «Seit Ausbruch der Coronakrise kommunizieren wir noch intensiver als früher über WhatsApp oder mithilfe des Chat-Diensts Facetime. Dabei geht es meist um die konkrete Problemlösung.» 

Ein Mitarbeitender zeige dem Vorgesetzten das Problem per Smartphone-­Kamera und man bespreche dann das weitere Vorgehen. Handwerker seien aber «keine EDV-Experten». Videokonferenzen mit Arbeitsgruppen oder rein virtuelle Kadertreffen gebe es bei der Ehrat AG noch nicht, sagt Quirici. Er möchte digitale Lösungen aber fest im Arbeitsalltag seiner Mitarbeitenden integrieren. Er sagt: «Nach der Corona­krise werden wir gemeinsam ein Konzept für die Nutzung von digitalen Kommunikationsmitteln erarbeiten und die sinnvollsten Tools in den Berufsalltag einbauen.»

Marc Hunziker, Malermeister und Geschäftsleiter der Armin Hunziker AG in Zürich, sagt: «Wir nutzen für die digitale Führung WhatsApp und Videokonferenzen. Mit der bezahlpflichtigen App Goodnotes erstellen wir zudem digitale Aufnahmen von Projekten.»

Malerunternehmer  Marc Hunziker sieht die ­Vorteile der digitalen ­Kommunikation in der ­zeitnahen Findung von Entscheiden und dem Wegfall von Reiseaufwand für ­Führungskräfte.
Malerunternehmer Marc Hunziker sieht die ­Vorteile der digitalen ­Kommunikation in der ­zeitnahen Findung von Entscheiden und dem Wegfall von Reiseaufwand für ­Führungskräfte.

Wegfallender Reiseaufwand

Der Geschäftsleiter sieht als Vorteile dieser Tools «das hohe Tempo für zeitnahe Entscheidungsfindungen und den wegfallenden Reiseaufwand für Führungskräfte». Und für Videokonferenzen brauche es unbedingt eine Traktandenliste und Sitzungsleitung. «Auch für das Teilen und Speichern von Bildern und Filmen müssen klare Regeln festgelegt werden.» Ein Problem sieht Hunziker bei der mangelnden Vertraulichkeit von WhatsApp- und Videotools. Sein Fazit: «Nicht alles, was technisch möglich ist, ist auch zielführend.»

Die Unternehmensleitung sollte bei der Auswahl der digitalen Führungs- und Kommunikationstools sicherstellen, dass diese den gesetzlichen Anforderungen entsprechen und keine arbeitsrechtlichen Vorschriften missachtet werden. Eine koordinierte Führung ist zudem nur möglich, wenn alle Mitarbeitenden mit denselben Programmen und Plattformen ­arbeiten.

Lesen Sie den ganzen Artikel in der aktuellen Ausgabe der «Applica»!

Text: Bernhard Bircher-Suits
Bilder: zVg, Headerbild: unsplash

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