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Applica aktuell

22. Mai 2023

Zuputzen von Gerüst-Verankerungsstellen

An fast jeder verputzten Fassade hat es sie, aber sie sollten nicht sichtbar sein. Gerüst-Verankerungsstellen sind nur dann ein Thema, wenn sie unschön zugeputzt und somit störend zu erkennen sind. Damit die daraus folgenden Diskus­sionen faktenbasiert geführt werden können, stellt der SMGV seinen Mitgliedern ab zirka Mitte Mai eine neue Fachinformation zur Verfügung.

Das Wichtigste vorab: Es ist ratsam, das Vorgehen beim Zuputzen von Gerüst-Verankerungsstellen gut zu planen. Während dieser Arbeiten werden an die Ausführenden von gesetzlicher Seite sehr hohe Anforderungen bezüglich Arbeitssicherheit gestellt. Deshalb enthält die Fachinformation Hinweise zu den rechtlichen Grundlagen für Arbeiten auf Gerüsten sowie zur Ausschreibung, Ausführung und Beurteilung von zugeputzten Verankerungsstellen.

Das Ziel, eine schlanke und auf wesentliche Fragen beschränkte Fachinformation zu verfassen, ist «leider» nicht erreicht worden. Das Risiko für Absturzunfälle bei Arbeiten auf dem Gerüst ist hoch und die Folgen eines solchen Unfalles sehr gravierend. 22 der 9000 Absturzunfälle pro Jahr in der Schweiz enden tödlich. Grund genug, der Sensibilisierung des Lesers bezüglich dieser rechtlichen Grundlagen und deren Umsetzung auf dem Bau zu Beginn der Fachinformation grossen Wert beizumessen.

Bei Arbeiten auf Gerüsten sind viele verschiedene rechtli­che Grundlagen und Sicherheits­massnahmen zu beachten.  (Grafik: Suva)
Je nach Sichtbarkeit der zugeputzten Verankerungsstelle und der Gewichtung der Ästhetik ist eine Nachbesserung gerechtfertigt oder eben nicht. (Bild: SMGV)

Rechtliche Grundlagen

Für Arbeiten auf Gerüsten kommen im Wesentlichen folgende rechtlichen Grundlagen zum Tragen:

  • Obligationenrecht (OR)
  • Normen des SIA
  • Verordnung über die Unfallver­hütung (VUV)
  • Bauarbeitenverordnung (BauAV)
  • Suva-Merkblätter, -Checklisten und -Broschüren
  • Schweizerisches Strafgesetzbuch (StGB).

In der Fachinformation werden die relevanten Bestimmungen zur Regelung der Verantwortlichkeiten, der Sicherheit der Arbeitnehmenden sowie der Leistungen für den Abbau von Fassadengerüsten und das Zuputzen von Verankerungsstellen auszugsweise aufgeführt. Hier ein paar Beispiele:

  • In den Vertragsbedingungen des Schweizerischen Gerüstbau-Unternehmer-Verbandes (SGUV) ist zum Thema «Schliessen der Verankerungsstellen» Folgendes festgehalten: Der Gerüstbauunternehmer ist für das Schliessen von Gerüstverankerungsstellen nicht fachkundig. Wenn der Gerüstbauunternehmer dennoch mit der Schliessung der Verankerungsstellen beauftragt wird, ist im gesetzlich zulässigen Rahmen jegliche Haftung des Gerüstbauunternehmers für mangelhafte Schliessungen der Verankerungsstellen ausgeschlossen.
  • In der Bauarbeitenverordnung (BauAV) ist unter anderem geregelt, dass Bauarbeiten so geplant werden müssen, dass das Risiko von Berufsunfällen, Berufskrankheiten oder Gesundheitsbeeinträchtigungen möglichst klein ist und die Sicherheitsmassnahmen, namentlich bei der Verwendung von Arbeitsmitteln, eingehalten werden können.
  • Weiter in der BauAV: […] in jedem Fall ein Schutzhelm mit Kinnband zu tragen ist bei Arbeiten mit einer persönlichen Schutzausrüstung gegen Absturz (Seilsicherung).
  • Auch ist in der BauAV zu finden, dass Gerüstverankerungen oder die anderweitigen Fixierungen fortlaufend dem Gerüstaufbau oder -abbau folgend zu montieren oder zu entfernen sind.

In den Merkblättern der Suva sind dann die Bestimmungen etwas detaillierter aufgeführt. Zum Beispiel wird die persönliche Schutzausrüstung gegen Absturz (PSAgA) beschrieben und auf die zu beachtenden Punkte hingewiesen. Und wem dies jetzt schon etwas zu viel ist, dem sei noch dies gesagt: Wer vorsätzlich bei der Leitung oder Ausführung eines Bauwerkes oder eines Abbruches die anerkannten Regeln der Baukunde ausser Acht lässt und dadurch wissentlich Leib und Leben von Mitmenschen gefährdet, wird mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder Geldstrafe bestraft (StGB, Art. 229, Gefährdung durch Verletzung der Regeln der Baukunde). Grund genug, sich entsprechend zu informieren und zu verhalten!

Je nach Sichtbarkeit der zuge­putzten Verankerungsstelle und der Gewichtung der ästhetischen An­forderungen der Fassadenfläche ist eine Nach­besserung gerecht­fertigt oder eben nicht.  (Bild: SMGV)
Bei Arbeiten auf Gerüsten sind viele verschiedene rechtliche Grundlagen und Sicherheitsmassnahmen zu beachten. (Bild: Suva)

Planung und Ausführung

Für das Zuputzen von Verankerungsstellen während der Demontage des Fassadengerüsts ergeben sich aus den gesetzlichen Bestimmungen, Verordnungen und Normen folgende Verantwortungen und Massnahmen.
Zuerst sind hier die Grundlagen zur Planung der entsprechenden Arbeiten aufgeführt:

  • Planen der Arbeiten (BauAV)
  • Sicherheitsmassnahmen bestimmen (BauAV, SIA 118)
  • Absturzsicherungsmassnahmen in Werkvertrag aufnehmen (BauAV, SIA 118)
  • Sicherheits- und Gesundheitsschutzkonzept erstellen (BauAV).

Hinsichtlich der Ausführung der betreffenden Arbeiten gelten folgende Bestimmungen:

  • Einhalten der Anzeigepflicht für Mängel am Fassadengerüst (OR, Art. 370)
  • Überprüfen der Wirksamkeit der Schutzmassnahmen und Schutzeinrichtungen (VUV)
  • Bestimmungsgemässe Verwendung von Arbeitsmitteln (VUV)
  • Schutzhelmtragpflicht einhalten (BauAV)
  • Absturzsicherungsmassnahmen umsetzen (BauAV)
  • Verankerungen dem Gerüstabbau folgend entfernen (BauAV)
  • Persönliche Schutzausrüstung verwenden (PSA)
  • Ausführung der Arbeiten mit Anseilschutz (PSAgA)
  • Einhalten der anerkannten Regeln der Baukunde (StGB, Art. 229).

Ausschreibung

Im NPK Malerarbeiten aussen ging die Ausschreibung für das Zuputzen von Gerüst-Verankerungsstellen bisher ganz vergessen. Im NPK 342 Verputzte Aussenwärmedämmung und im NPK 348 Aussenputze sind die Leistungsbeschreibungen mit «Löcher in Fassaden nachträglich schliessen» und «Zuputzen von Gerüst-Verankerungsstellen» sehr knapp ausgefallen.

Die neu veröffentlichte Fachinformation enthält Vorschläge, wie die Beschreibung dieser Leistungen in Zukunft transparent und gut erklärt ausgeschrieben werden kann. Die Vorschläge werden auch in die betroffenen NPK auf­ge­nommen.

Qualität braucht genügend Zeit

Allgemeine Hinweise zu Verankerungsstellen sind in Punkt 3 der Fachinformation zu finden. Sie geben Antworten auf Fragen wie: «Welchen Einfluss haben Gerüstverkleidungen?» oder «Wie können Verankerungsstellen vermieden werden?»

Das Zuputzen von Verankerungsstellen ist dann in Punkt 4 beschrieben. Ein sehr wichtiger Hinweis oder gar eine Einschränkung wird in Punkt 4.1 gemacht. Der sehr hohe Zeitdruck für das Zuputzen der Verankerungsstellen während der Demontage des Fassadengerüsts verunmöglicht in vielen Fällen eine optimale Ausführungsqualität. So ist also oft nicht das Unvermögen der Ausführenden für die ungenügende Ausführung verantwortlich, sondern die fehlende Zeit, welche für das sorgfältige Zuputzen mit entsprechenden Trocknungszeiten der Materialien notwendig wäre.

Alternativen sind aber möglich und werden aufgezeigt. Sie sind jedoch nicht immer realisierbar. Wichtig ist diese Tatsache im Zusammenhang mit der unter Punkt 5 beschriebenen Beurteilung von zugeputzten Verankerungsstellen. Werden sehr hohe Anforderungen an die Ausführungsqualität gestellt, ist dem Unternehmer auch die dazu nötige Zeit zu geben, um diese hohen Anforderungen erfüllen zu können. Wer die benötigte Zeit nicht hat, beziehungsweise nicht zur Verfügung stellt, muss mit dem sich dadurch ergebenden Resultat leben können.

Zuputzstelle bleibt Zuputzstelle

Für die Streitfrage, ob eine Nachbesserung gerechtfertigt ist oder nicht, steht in der Fachinformation eine Entscheidungshilfe in Form einer Tabelle zur Verfügung. Je nach Sichtbarkeit der zugeputzten Verankerungsstelle und Gewichtung der ästhetischen Anforderungen an die Fassadenfläche ist eine Nachbesserung gerechtfertigt oder eben nicht. Eine zugeputzte Verankerungsstelle bleibt aber immer eine Zuputzstelle, die nie dieselbe Struktur und Homogenität aufweisen kann wie die übrige Fläche.

Text: Peter Seehafer und Christoph Fontana

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